Donnerstag, 18. Oktober 2012

Etwas mehr Union bitte.

-Ein Kommentar zum Friedensnobelpreis für die EU-

Als die Europäische Union vergangene Woche den Friedensnobelpreis bekommen hat, war der Jubel groß. Doch was bedeutet dieser Preis und warum kommt er gerade jetzt? Es ist pure Symbolpolitik! Vorab: Auch ich habe mich gefreut und finde es noch immer gut, dass der europäische Integrationsprozess durch so eine hohe Auszeichnung gewürdigt wird. 

In erster Linie bekommt die EU den Preis aber nicht, und das darf und muss auch gesagt werden, auf Grund ihrer Friedenspolitik der  vergangenen sechzig Jahre, sondern als ernstgemeinte Mahnung und Warnung. Im Jahre 2012 hat die EU keine herausragende Friedenspolitik auf den Weg gebracht und gerade deshalb kann man sich über den Zeitpunkt Gedanken machen. Denn würde es um die Friedenspolitik gehen, hätte man diesen prestigeträchtigen Pokal schon vor fast zwei Dekaden verleihen können. Mit der Unterzeichnung des Maastrichter Vertragswerks hat die EU die Sicherung des Friedens und des Wohlstands vertraglich festgehalten. Seitdem leben wir  nicht mehr nur in einer europäischen Gemeinschaft, sondern in einer richtigen Union.

Wir leben in schwierigen Zeiten, in denen an allen Ecken und Enden der Welt Krieg herrscht oder der Frieden aus der  bloßen Androhung von Gewalt besteht. Aber auch in Europa, in unserer Union befinden wir uns auf Messers Schneide. Wenn die deutsche Bundeskanzlerin in Griechenland nicht nur von wenigen Querköpfen, sondern von tausenden wütenden Menschen mit brennen Fahnen, Hitlergruß und Reichsbannern begrüßt wird, stehen wir eben nicht mehr in der friedlichen und friedliebenden Tradition des europäischen Einigungsprozesses, sondern in  einer von Völkerhass bedrohten Gesellschaft. Deutsche Spitzenpolitiker gießen mit ihrer militärisch perversen Sprache bewusst Öl ins Feuer und wollen an Griechenland und den faulen Südeuropäern  „ein Exempel statuieren“.  So spricht man über  seine bittersten Kriegsfeinde und nicht über seine Freunde. Der  politische Salon verkommt zum populistischen Stammtisch und man  eröffnet den Europa-Skeptikern Tür und Tor, den Rassisten gibt man Rückenwind und die europäischen Bürgerinnen und Bürger verunsichert man. Die Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis ist ein Symbol und soll sagen, „Schluss damit; reißt euch zusammen!“. 

Aus der  schwedischen Symbolik im Sinne von Alfred Nobel muss nun endlich greifbare Politik werden.  Wir müssen aufpassen, dass aus kleinen Ressentiments kein blinder Hass wird, dass den Menschen in Europa eine Perspektive gegeben wird. Was vermitteln wir der europäischen Jugend für ein Bild von unserer Union, wenn wir uns nicht um ihre Anliegen, ihre extrem hohe Arbeitslosenquote und ihre Zukunft kümmern? Europa muss aufpassen und die  Zeichen der Zeit richtig deuten, um keine anti-europäische Generation heranzuziehen. Union bedeutet Einheit, bedeutet Zusammenarbeit. Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssen zusammenarbeiten, das Europäische Parlament  stärken und gemeinsam handeln. Schnell kann aus der Wirtschafts- eine Gesellschaftskrise werden. Das wäre für  unsere noch so junge Demokratie, die seit jeher auf Wohlstand beruht, eine ernsthafte Bedrohung. Europa wird in den nächsten Monaten und Jahren zeigen, ob ihr der Friedensnobelpreis nur verliehen wurde und sie ihn zurückgeben muss, oder ob sie zu Recht damit ausgezeichnet wurde.

Dieser Text ist von Andreas Cierpiol verfasst und spiegelt nicht die Position der AG Innenstadt wieder. Für die Inhalte ist allein der Autor verantwortlich!

Samstag, 6. Oktober 2012

"Gib die Flosse, Genosse"

Ein Kommentar von Andreas Cierpiol:

Soll ich den Knaller zünden? 
Zünd‘ den Knaller!
Steinbrück. Irre!


Die gute Nachricht: Das ewige Suchen nach dem W-wie-wer in der K-wie-Kanzler-Frage hat nun endlich ein E-wie-Ende!

Die schlechte Nachricht: Gute Nachrichten sind langweilig und deswegen ist jetzt alles D-wie-doof und die Partei muss Z-wie-Zicken.

Natürlich wäre eine Ur-Wahl des Kanzlers ein Zeichen innerparteilicher Demokratie und ein Schritt heraus aus der Hinterzimmer-Politik. Doch eine Auswahl zwischen den beiden Stones und Gabriel wäre für viele Linke in der Partei auch eine Farce gewesen. Dass uns aus dem Willy-Brandt-Haus kein Vollblut-Sozialist geschickt wird, sollte auch den letzten Visionären klar sein. Mal davon abgesehen, dass der linke Flügel des roten Hähnchens nicht mit Personalvorschlägen um sich geworfen hat. Fakt ist, dass der Parteivorsitzende ein Machtwort gesprochen hat und das ist gut so. Der Laden muss funktionieren und das schafft Gabriel mit Bravur. Nur die Basis spielt mal wieder nicht mit. Sicher ist es ein fader Beigeschmack, wenn man dabei durch die Lande zieht, Partei und Bevölkerung zum Dialog aufruft und fragt, „wie hättet ihr unsere Politik denn gern?“. Trotzdem sind wir damals alle in die SPD eingetreten, weil wir sozialdemokratische Grundwerte schätzen, sie verteidigen und durchsetzen wollen. Wir sind nicht in eine Partei eingetreten, die für alles und jeden einen Basiskongress einberuft. Das findet man im Schrebergartenverein aber mitnichten in der SPD. Das war damals so und das wird auch so bleiben.

Sicher, Peer Steinbrück muss sich öffnen und stärker auf die Stimme der Partei hören. Alleingänge und Basta-Politik führen immer zu schweren Spaltungen und schaden dem Ansehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir im moralischen Dialog einen Weg finden, Parteibasis und Kanzlerkandidaten einander näher zu bringen. Die Querelen um eine einzige Person sind der Sache im Übrigen nicht zweckdienlich. Sie verwirren die Mitglieder in den Ortsvereinen, liefern den Klatschblättern von Spiegel bis BLÖD-Zeitung Futter für ihre unsäglichen Schundblätter und treiben tiefe Keile zwischen linke und linkere Strukturen innerhalb der eigenen Partei.

In weniger als einem Jahr wird der Deutsche Bundestag gewählt. Es geht nicht mehr um die Frage, wer das kann, sondern darum, wie wir das gemeinsam schaffen. Der Bundeskanzler soll ab 2013 wieder ein Sozialdemokrat sein. Mit Fleiß, Hingabe und Mitarbeit der Genossinnen und Genossen muss das die gemeinsame Aufgabe von JUSOS, AsF, AfA, 60+ und allen anderen Arbeitsgemeinschaften sein. Unterbezirke, Landesverbände und der Bund haben einen heißen Wahlkampf vor sich. Es geht um den Systemwechsel, den Politikwechsel und letzten Endes darum, in welcher Gesellschaft wir leben wollen.

Eine so stolze Partei wie die SPD schafft das nur gemeinsam. Kanzlerkandidat und Parteibasis müssen das 150. Geburtstagsjahr der Partei zum Anlass nehmen, zu überzeugen. Die Unterschiede zur schwarz-blass-gelben Nicht-Regierungs-Koalition waren nie deutlicher als heute. Jetzt geht es um Konzepte, Programme und Überzeugungen.

Mit anderen Worten: Hört auf zu heulen und kämpft für einen sozialdemokratischen Bundeskanzler Peer
Steinbrück.

Dieser Text ist von Andreas Cierpiol verfasst und spiegelt nicht die Position der AG Innenstadt wieder. Für die Inhalte ist allein der Autor verantwortlich!