Freitag, 4. November 2011

Ein Kommentar: Ein ganz normaler Tag!

Montag, 7:30 Uhr:
Aufstehen, Kaffee holen (rehbraun, ein Stück Zucker), Glotze an. Der Nachrichtensprecher spult routinemäßig die Standardthemen herunter: Wirbelstürme in den USA, Assange wird an Schweden ausgeliefert, Griechenland erzürnt Europa, Neues iPhone mit Akkuschwäche lässt Wirtschaft boomen, 124 Tote bei 17 Anschlägen in zwölf Kriegen, 18 Grad bei leichtem Wind östlicher Richtung, alles wie gestern. Langweilig. Macbook aufklappen, Browser öffnen, Startseite angela-merkel.de checken. „Stabiler aus der Krise“ heißt es da. Na da bin ich aber baff! Ich muss gar nicht erst weiterlesen, um zu wissen, was mich erwartet. Himmelhoch jauchzend renne ich auf die Straße; ich weiß ja, was passiert ist: 
Turbo-Angie hat den Ernst der Lage verstanden und macht jetzt in Innenpolitik. Was für eine Entwicklung! Von der Vorsitzenden der schwarz-gelblichen NGO zur Pragmatikerin. Ärmel hochkrempeln und anpacken. Da geht die Post ab. 
Als erstes ruft sie den Vizekanzler an und versichert ihm, dass er sich die Steuersenkungen genauso wie die Bartflusen von der Backe, bzw. Oberlippe wischen kann. Der ist still und zieht postwendend wieder bei Mutti ein. Weiter in der Liste. Jetzt kriegt Kollegin Schavan auch ohne Korsage ihr Fett weg und den Auftrag, endlich an der Zukunft der Hauptschulen zu arbeiten. Die ist loyal und macht sich an die Arbeit. Fehlt noch Uschi von der Leyen. Schnell im Ministerium anrufen bevor die Alte wieder in Mutterschutz geht. „Nein, Uschi. Zieh den Schnuller aus dem Ohr und höre mir ein einziges Mal zu. 
Wir sind jetzt nicht für gerechte Löhne. Wir beschließen eine Lohnuntergrenze und nennen es nur Mindestlohn!“ Zensursula gibt den Auftrag weiter und schreibt ihre Mail an Kristina fertig. Vielleicht kann sie ihr erklären, wie eine Frau denn bitteschön 1,4 Kinder bekommen kann und wie es sich dann mit dem Schulgeld verhält. Ist aber auch schwierig.

Weiter die Straße runter, stehen bleiben. Skepsis überkommt mich. Kann alles nicht sein, denke ich mir und renne zurück nach Hause. Ein Glück, der Mac ist noch aktiv und ich lese mir den Artikel durch. Verdammt. Doch nur leere Worthülsen und heiße Luft zum Thema Griechenland. Zu Tode getrübt, enttäuscht und resigniert. Nanu, was ist denn das? Da poppt doch glatt das megacoole Facebookprofil der Bundeskanzlerin auf. Und auch hier finde ich den Artikel. Zwar kein du willst mich doch verarschen-Button, aber immerhin eine Kommentarfunktion. 
Ich nutze sie: „Frau Bundeskanzlerin, handeln Sie. Egal wie. Verkaufen Sie die Werte der Sozialdemokratie weiterhin als Ihre eigenen, wechseln Sie Ihre Berater aus oder entwickeln Sie, auch wenn es abwegig erscheint, ein eigenes politisches Profil. Deutschland ist die wirtschaftsstärkste Nation der Europäischen Union und in der Pflicht, bei der Eurokrise konkrete Lösungen auf den Tisch zu knallen. Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben, führen Sie endlich Europa aus der Krise und führen Sie endlich das, was Sie Regierung nennen.

Andreas Cierpiol

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